Tag 13: Läuft…
Datum: 24.11.2016
Start: Waikare (Trail km 268)
Ziel: Oakura (Trail km 285)
Wir wachen früh auf in Sheryl’s Place und kochen Kaffee. Nicole ist bereits startklar, sie hat bereits alles auf dem Rücken und ist bereit zu gehen. Wir fragen sie kurz, wie ihr Plan ist und sie sagt uns, dass sie für den Trail nur 4 Monate hat und daher zügig durchkommen möchte. Nicole ist uns damals bereits im Herekino begegnet. Sie wandert wirklich schnell und sie macht den Eindruck, dass sie geübt ist. Wir wünschen ihr alles Gute und sie zieht los. Sheryl ist ebenfalls wach und wir setzen uns zu ihr auf die Terasse und reden über die verschiedenen Fruchtsorten, die sie anbaut. Ananas wachsen super und sie macht aktuell einen Likör daraus. Als Arni dann noch von ihrem Vater und Onkel erzählt, die Wein aus verschiedenen Arten von Früchten machen, lädt Sheryl sie in ihr Haus ein. Wir hatten bislang wirklich keine Idee, wie es innen aussehen würde… Eine Küche, die mit simplen Plastikstühlen und einem Campingtisch bestückt ist, ein Wohn/Schlafzimmer mit 4 Betten, auf denen allesamt Zeugs liegt, gleichzeitig ist keine Couch zu sehen. Ein Teppich, der seit langer, langer Zeit nicht mehr gereinigt wurde, wie der Rest des Hauses. Und direkt neben dem Bett stehen die verstaubten Glasballons mit allesamt unkenntlichen Likören. Sie nimmt einen Schluck und gibt Arni auch einen. Der Likör ist gar nicht mal schlecht!
Wir packen unsere Sachen und wollen aufbrechen, als Ha-Pe zu Flo geht und ihn aufgeregt fragt, wo Nicole sei. Flo sagt ihm, dass Nicole bestimmt schon seit einer Stunde unterwegs sei. Er ist geschockt darüber und schaut Jeff an, der ihm bestätigt, dass Nicole schon Schlimmeres überstanden hat. Ha-Pe ist der festen Meinung, dass er Nicole hätte aufhalten sollen. Nun ja, wir denken uns unseren Teil. Im Nachhinein kam es uns latent so vor, als wäre Nicole auf der Flucht…
Unsere Route geht über die Straße in den Wald hinein. Bei schönstem Sonnenschein erleben wir den Traum von einem Wald: Verschiedenste Pflanzen und rund die Hälfte des weges wandern wir durch einen klaren, kalten Fluss. Das tut den Füßen richtig gut.
Raus aus dem Wald wandern wir ca 12km über die Straße. Pauline hat so starke Schmerzen am Knöchel, dass Jeff ihren Rucksack nimmt. Wir unterhalten uns lange Zeit mit Lee, sie ist absolut unser Schlag. Noch 1,2km, dann haben wir es geschafft. Und wie gerufen sehen wir in der letzten Kurve einen Takeaway Shop. Juhuuu! Fish & Chips! Wir stellen unsere Rucksäcke ab. Die Füße schmerzen nach dem langen Stück Straße. Arni hat mal wieder eine neue Blase, das bleibt bei der Strecke auf der Straße leider nicht aus. Aber egal! Es gibt was zu essen!! Ha-Pe sagt uns, als bekennender Vegetarier, dass er nichts essen möchte und anstatt dessen mal kurz ins Meer springt. „Na klar“ sagen wir. 5 min später ereignet sich Folgendes: Pauline und Lee kommen mit ihrer Portion Fish & Chips nach draußen zu uns. Der Wortlaut von Pauline klang dann so:“Super, Fish & Chips!!! Oh seht mal, da ist ja jemand im Meer! (Pause) Ah, das ist Hans-Peter! (Pause, Gesichtsausdruck ändert sich von amüsiert zu entsetzt) Oh mein Gott, der ist ja nackt!!“ Ja… Damit gibt es dann keine Geheimnisse mehr.
Wir kommen am Holiday Park an, der dirket am Meer liegt. Hans-Peter sucht auch in dieser Nacht wieder unsere direkte Nähe (Ungelogen, keinen Meter weiter plant er sein Zelt aufzustellen). Flo bittet ihn dann um „etwas“ mehr Privatsphäre. Das wird verstanden. Wir trinken noch einige Bier zusammen.
Tag 14: Läuft…
Datum: 25.11.2016
Start: Oakura (Trail km 285)
Ziel: Whanaki (Trail km 312)
Wir sind gegen 7:50 Uhr startklar. Am Abend vorher haben wir Elliot kennengelernt. Er studiert Geographie in Auckland und interviewte uns über Campingplätze und unsere Erfahrungen damit. Weil er heute weiter reist, bietet er uns an, uns bis zum Trail-Head (Anfang des Trails) zu bringen. Wir sparen uns das Laufen auf der Straße und nehmen das Angebot an. Angekommen am Wald geht es gut los. Die Wege sind noch feucht und die An- und Abstiege haben es wirklich in sich! Flo’s Knie schmerzt nach kurzer Zeit wieder. Besonders die Abstiege sind nicht leicht. Wir benötigen knapp fünf Stunden, bis wir den Wald hinter uns lassen und in weites Farmland blicken. Von hier aus sind es nur noch 3km bis zum nächsten Holiday Park. Wir bahnen uns unseren Weg durch die Kuhweiden. Von den Kühen genießen wir absolute Aufmerksamkeit! Dann ein Stück Straße. Nach diesem Wald eigentlich kein Problem, aber genau hier passiert’s: Arni tritt in ein Loch und legt sich einmal komplett hin. Mit dem Rucksack ist sie in etwa so beweglich wie ein Käfer auf dem Rücken. Schon irgendwie witzig, wie man sich 5 Stunden durch glitschiges Terrain kämpft und dann auf einer asphaltierten Straße wegrutscht.
Am Nachmittag erreichen wir den Holiday Park, in dem wir Grace und Joel wiedersehen. Wir freuen uns riesig, als dann noch Cat, Matt, Jeff und Lee eintreffen. Pauline ist an diesem Tag nach Whangarei gefahren, um sich neue Schuhe zu kaufen. Allerdings wundern wir uns, wo Ha-Pe abgeblieben ist. Jeff und Lee geben zu, sich schon nach kurzer Zeit abgesetzt zu haben. Sie fügen hinzu, dass es ihnen nicht schwer gefallen ist. Am Abend trifft dann auch Hans-Peter ein. Wiedermal fragt er Flo, wo Nicole sei. Flo fühlt sich fast schon verarscht und versichert Ha-Pe, dass Nicole nicht in seiner Tasche sei… An diesem Abend ist Thanks-Giving und extra dafür hat Jeff eine Dose Truthahn gekauft, die wir uns abends teilen. Leider schmeckt der Truthahn nicht besonders, daher kann sich die alte, taube und halb-blinde Hundedame Sky freuen.
Tag 15: Läuft…
Datum: 26.11.2016
Start: Whanaki (Trail km 312)
Ziel: Ngunguru (Trail km 339)
Wir sind etwas spät an diesem Morgen. Alle anderen sind schon aufgebrochen. Für uns steht heute fest, dass wir keine 30km laufen werden. Flo hat starke Schmerzen im Knie und Arni hat Probleme mit dem rechten Knie und der Hüfte, womöglich vom Sturz. Ein wirklich sehr netter, freundlicher Mann namens Jack (alter Seebär) hat Flo gestern Abend eine Kniebandage geschenkt. Er habe 2 Stück und würde somit eine nicht mehr benötigen. Wir laufen heute über eine lange Fußgängerbrücke, danach einige Zeit am Strand entlang und von dort aus ins Hinterland. Wunderschöne Häuser und Küste soweit aus Auge reicht. Das Wasser geht von Türkis bis Dunkelblau und immer lässt sich sehen, was auf dem Boden los ist. Ab und an legen wir eine kleine Pause ein, denn auch an diesem Tag ist die Sonne wieder sehr stark. Der Weg entlang der Küste ist bislang der Schönste und Entspannendste. Alles ist ohne große Gefahr und ohne Risiko zu bewältigen.
Wir laufen ca 12 km, danach kommt ein langes Stück Roadwalking. Da es, wie so oft, keinen Fußgängerweg oder Seitenstreifen gibt, entscheiden wir uns einfach spontan dazu, den Daumen heraus zu halten. Und siehe da: Das erste Auto ist direkt ein Treffer. Ein Vater namens Rick inkl. zweier süßer Mädels, die gerade in der Bucht surfen waren, und nicht zu vergessen der Cockerspaniel Milo. Rick ist vor 12 Jahren von England hierher gezogen. Er ist Lehrer und lebt in Ngunguru, perfekt für uns! Auf dem Weg müssen wir noch anhalten, um ein Eis für die Mädels zu kaufen, Rick bringt uns ebenfalls eins mit. Jackpot! Kurz vor Ngunguru fragt Rick uns, wo er uns absetzen könne. Flo fragt kurzerhand, ob es hier nicht einen Fish & Chips Laden geben würde, denn Wanderer werden von diesen Läden förmlich angezogen… Rick setzt uns ab und wirklich: Ca 1 Stunde später treffen Matt, Cat, Jeff und Lee ein 🙂 und alle haben Lust auf Fish & Chips.
Nach einer kurzen Stärkung geht’s dann weiter. Wir haben unser Ziel für heute, James‘ Place, noch nicht erreicht. Nach 1,2km kommen wir zum vereinbarten Treffpunkt. James kommt in wenigen Minuten mit seinem Boot zu uns herüber. Wir ziehen uns Schwimmwesten über uns er bringt uns mit seinem Boot auf sein Land. Alles, was wir dann sehen, verschlägt uns die Sprache. In liebevoller, detailverliebter Arbeit hat James alles selbst gebaut. Von der Küche, über das Badezimmer, einem Gemeinschaftsplatz mit riesiger Hängematte. All das ist verbunden mit Rampen aus Holz. Kein Baum wurde hier entfernt, dafür sind alle irgendwie in seine Konstruktion eingebunden. Ein Plätzchen zum Wohlfühlen. Mit Hund Rusty lebt James, der von Beruf Kulissenbauer ist und an Fernsehserien wie Xena und Herkules mitgewirkt hat, seit ca 5 Jahren dort. Dieser Platz gefällt uns wirklich ganz besonders. Warmes Wasser gibt es über die Solarzellen, Strom wird in großen Akkus gespeichert. Ein komplett autarkes Anwesen. In seinem Garten wachsen alle Kräuter, die wir von zu Hause auch kennen. Daher schmeckt das Essen an diesem Abend auch so gut, wie lange nicht mehr.